Burg, Josef

Ein verspätetes Echo - 
A farschpetikter echo
Ausgewählt von Josef Burg, 
mit einem Nachwort von Verena Dohrn.

Zweisprachig. 
Aus dem Jiddischen von Andrej Jendrusch, 
Beate Petras und Armin Eidherr.
226 Seiten, Geb.
€ 20,90  SFr 36  *Ö-€ 21,50 
(ISBN) 3-87410-075-8

Pressestimmen   Biographie   Leseprobe

Die fünfzehn Erzählungen dieses Buches 
– zur Hälfte zweisprachig – sind drei Hauptthemen gewidmet:

Die ersten Erzählungen rufen die alte jüdische Welt in die Erinnerung zurück, die Welt der Flößer in den Karpaten, die schriftstellerischen Anfänge des Autors: Mein Debüt – Kartenspiel – Mein vergessenes Lied.

Die zweite Gruppe besteht aus sechs Geschichten über Juden, die in einer nicht mehr verstehbaren Gegenwart, nach den Katastrophen Nationalsozialismus, Krieg und Stalinismus, leben – auf der Suche nach der verlorenen Identität: Ein verspätetes Echo – Gewissen – Spinnweben – Ewiges Spiel – Mit sich im Streit – Der erste Buchstabe.

Die dritte Abteilung von sechs Erzählungen evoziert noch einmal unmittelbar die Zeit der Verfolgungen, eine Zeit, in der Identität noch möglich war: im Leiden, in der Gegenwehr, in Heldentum und in einer Solidarität, die es auch gab, im österreichischen K.u.K.-Vielvölkerstaat und sogar noch weiter, in die totalitären Zeiten hinein: Der Zaddik – Makowej – Neunzehn – Klagelied – Ruth – Memento mori.

Josef Burg:
"So oft ich zu schreiben begann, so oft mußte ich wieder abbrechen. Etwas griff mir bei jeder niedergeschriebenen Zeile ans Herz, und die Worte brannten im Hirn. Bis mich die aufgestauten Zeilen meines Nachts aus dem Schlaf rissen, als wollten sie mich um Beharrlichkeit bitten. Ich griff im Halbschlaf zur Feder, willig ließ sie sich führen, und die stillen Nachtstunden waren angefüllt mit der Unrast und dem Widerstreit einer fern zurückliegenden Zeit."

Pressestimmen:  

"Es ist eine Beschwörung der Vergangenheit, die sich fern jeder Nostalgie bewegt... so geht die Erinnerung des Ich-Erzählers immer wieder den unabänderlichen Weg in die dunkle Mitte der Shoah."
DNN

"Durch die Erzählungen…eröffnet sich ein Zugang zu einer Welt voller Wärme und Schrecknis, voller Sehnsucht und Abschied. Burg wird nie rührselig und ist gerade dadurch besonders anrührend."
Bücherschau der Zeitschrift für Büchereien

"Burgs Erzählungen erinnern an die so melancholischen wie farbenfrohen Shtetl-Bilder Marc Chagalls. Es sind Geschichten, die die untergegangene Welt der ost-jüdischen Kultur beschwören und um die Sorgen und Hoffnungen der kleinen Leute…Geschichten, die alle die `lebedikn ibergerissenem nign fun sajn jugnt´ singen."
Süddeutsche Zeitung

"Josef Burg ist ein Erzähler, der sich hinsetzt und ganz einfache Geschichten vorträgt. Geschichten, die ohne literarischen Schnickschnack auskommen und der Magie von Sprache und Sujet vertrauen. Acht der sechzehn in diesem Band versammelten Erzählungen sind zweisprachig nachzulesen. Wer zwischen den beiden Sprachen wechselt, wird feststellen, welche Poesie im Jiddischen steckt, dazu Weisheit und Humor, aber auch Schwermut. Eine Melancholie, die aus einer Stadt jenseits der sieben Berge in unsere Breiten zieht. Dort setzt sie sich fest, zart, aber bestimmt…"
Der Landbote

"Die Prosa des Josef Burg versteht sich als sozial- und kulturhistorisches Dokument. Gleichzeitig evoziert sie die Atmosphäre jener gespenstischen Geschichten, die in der Bukowina über Jahrhunderte weitergetragen wurden. Man lebte hier umgeben von Geheimnissen, Zaubereien und einem fast naiven Glauben an Gottes unerschöpfliche Weisheit."
Der Landbote

Biographie:

Josef Burg wurde am 30. Mai 1912 in Wishnitz in der Bukowina geboren. 1924 zog die Familie nach Czernowitz. Dort besuchte er die Schule und anschließend das Lehrerseminar des 1919 gegründeten Jüdischen Schulvereins. 1934 debütierte er mit der Erzählung Oifn splaw („Auf dem Floß"). Von 1935-38 studierte er in Wien Germanistik. Nach dem „Anschluß" Österreichs kehrte er nach Czernowitz zurück, wurde jedoch 1941 zur Emigration in die UdSSR gezwungen. Nach dem Krieg unterrichtete er in Moskau deutsche Literatur. Erst 1958 kehrte er wieder nach Czernowitz zurück. Zunächst arbeitete er als Lehrer und dann, als es wieder möglich war, auf jiddisch zu publizieren, als freier Schriftsteller. Sein Hauptanliegen ist es, die Erinnerung an die fast vergessene jiddische Literatur zu erhalten. Die von ihm herausgegebenen „Tschernowitzer bleter" sollen dieses Bestreben unterstützen.

Bibliographie:

1934 Oifn splaw

1939 Oifn Tschermusch („Auf dem Czeremosz", Erzählungen)

1940 Sam („Gift")

1980 Dos lebn gejt wajter („Das Leben geht weiter")

1983 Iberuf fun tsajtn („Wiederhall der Zeiten")

1990 A farschpetikter echo („Ein verspätetes Echo")

1997 Tswej weltn („Zwei Welten")

1997 Blumen und Tränen (Ukrainische Ausgabe von Erzählungen)

Seine Erzählungen wurden ins Russische, Polnische, Ukrainische und Englische übersetzt. 
In deutscher Übersetzung liegt vor: Ein Gesang über allen Gesängen, Leipzig 1993 (vergriffen), einige Erzählungen in den Literaturzeitschriften Sirene und Mnemosyne und in der Anthologie Federmenschen.

1992 wurde ihm vom israelischen Schriftstellerverband der Segal-Preis zuerkannt, der Präsident der Ukrainischen Republik verlieh ihm 1992 die Ehrenmedaille für Verdienste um die ukrainische Kultur. In seiner Geburtstadt Wishnitz wurde 1992 eine Straße nach ihm benannt.

Leseprobe:

Wohin jetzt?

Er irrte lange durch neue bunte Straßen mit erloschenen Fenstern. Blickte in Häuser, die ihm alle gleichermaßen unbekannt waren. Und ging einige Zeit die Fassaden entlang, als suche er eine Tür, um einzutreten.

Im Morgengrauen erwachte allmählich die Stadt. Einzelne Menschen warfen Schatten wie Silhouetten. Fremde Menschen, doch Gurin schaute ihnen in die Gesichter.

Er wollte die Zeit für einen Moment anhalten, zurückschauen und sich, wie durch einen Traum, der Seitenstraße mit der Laterne am Rinnstein entsinnen, um an jener Stelle, wo der Traum abgerissen war, wie in einer Fernsehserie, plötzlich Rita auf der Schwelle des Tabakladens zu erblicken.

Aus: Ein verspätetes Echo

Wir gratulieren unserem Autor Josef Burg.
Er erhält dieses Jahr den "Theodor-Kramer-Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil 2009" zusammen mit Ilana Shmueli. Der Preis wird am Freitag, 15. Mai 2009, 19.00, in der ehem. Minoritenkirche Krems-Stein, Minoritenplatz 4 verliehen http://www.theodorkramer.at

Josef Burg, der letzte Jiddisch schreibende Autor in einer einstigen Hauptstadt der Jiddischen Literatur, ist am 3. August in seiner Heimatstadt Cernivtsi (Tschernowitz) in der Bukowina mit 97 Jahren gestorben.

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