Chacel, Rosa

Teresa

Aus dem Spanischen von Michael von Killisch-Horn.
Hg. von Peter Kultzen.
392 Seiten, Geb.
€ 16,90  SFr 30,00  *Ö-€ 17,40
(ISBN) 3-87410-055-3

Herbst 1830 in Paris. Die del Bayos sind im Hotel Favart abgestiegen. Unerwartet findet für die von ihrem ständig beschäftigten Ehemann gelangweilte Teresa del Bayo eine aufregende Begegnung beim Mittagessen statt. Der spanische Dichter José de Espronceda, Exilant wie sie selbst, wirft ihr entbrannte Blicke zu, die sie erwidert. Zwei Tage später verläßt sie heimlich ihren Mann und versteckt sich mit dem Geliebten in einer Pariser Wohnung.

Der Umzug in ein kleines Haus am Rand von Paris wird für Teresa zu einer Art Gefängnis, das sie nur mit Espronceda zusammen verlassen kann. Die Rückkehr nach Spanien aufgrund einer Amnestie verspricht Befreiung aus dem Käfig, doch bald begreift sie, daß die Falle zugeschnappt ist. Es beginnt Esproncedas Verrat, denn die `öffentliche Moral´ und die `Rücksicht´ auf seine eben verwitwete Mutter machen hier unmöglich, was in Paris selbstverständlich zu sein schien: ein gemeinsames Leben.

Als Espronceda erneut verbannt wird, beginnt ihr langer quälender Abstieg. Sie ist schwanger und bekommt das Kind. Sie beginnt ein Verhältnis mit Octavio, einem frühreifen, bösen Rimbaud. Als dieser sie zur Prostitution zwingen will, setzt sie sich ab und irrt im Regen und krank durch Valladolid. Nach dem Tod ihres Mannes del Bayo könnte Espronceda Teresa heiraten, doch er redet sich heraus, es kommt zum endgültigen Bruch.

Zuletzt irrt sie als Prostituierte durch Madrid. Noch über ein Jahr wird sie von ihrer Dienerin gepflegt, bis sie an einem Blutsturz stirbt.

Im Gegensatz zum Thema ist das Buch von größter Finesse der Beschreibung, voll Kunst der Spiegelung in einem reichen, genau erfaßten Figurenreigen, voll von unvergeßlichen Beschreibungen der Landschaften und – man ist versucht zu sagen: Spielorte. Denn schon 1936 hat der filmische Blick einen bestimmenden Einfluß auf den Roman, der in Spanien mit Chacels In der Oase den Anschluß an das Erzählen der Avantgarde gefunden hatte. Dies und der überwältigende Gehalt an `innerer Wirklichkeit´ der Heldin machen es aus, daß kein Leser Teresa jemals vergessen wird.

Pressestimmen:

"Auch wenn der stützende Rahmen etwas verstaubt wirkt, verfällt man schnell dem ungewöhnlichen Sog dieser besessen minuziösen Darstellung seelischer Vorgänge, in dem Metaphern und Bilder wunderbare Glanzpunkte schaffen. Es bleibt zu wünschen, daß sowohl Teresa als auch ihre ungewöhnliche Autorin endlich aus ihrem Schattendasein erlöst werden."
Evita Bauer / Süddeutsche Zeitung

Leseprobe:

„Beide waren durch denselben Antrieb aus Spanien fortgegangen. Ein magisches Wort hatte sie mitgerissen: Freiheit. Ein Wort, für das die Menschen das Leben und selbst die Freiheit verlieren."

„Dies war für ihre Liebe der erste Tag in Freiheit: die Zimmertür verschlossen mit einer doppelten Drehung des Schlüssels; das Licht, ein Licht ohne Stunde, wie eine gestaute Morgendämmerung, die nicht fließen kann. Teresa sah, auf dem Bett liegend, angekleidet, den Mantel bis zum Kinn geschlossen, die Schuhe auf der Bettdecke und die Hände in den Ärmeln verborgen, ihren Geliebten an, der sich, auf der Bettkante sitzend, über sie beugte. Sie sah ihn zum ersten Mal in genau der Entfernung, welche die Worte brauchen, um ihren Weg zwischen zwei menschlichen Wesen zurückzulegen. Zuvor, in der Vorgeschichte ihrer Liebe, hatte sie ihn immer in der Ferne wie einen Stern gesehen und nur sein Leuchten wahrgenommen. Dann hatte sie ihn bereits im Abgrund der Berührung angesehen, in dem alles undeutlich ist. Und jetzt sah sie ihn zwei, drei Handbreit vor ihrem Gesicht, in der Entfernung, aus der man die Dinge betrachtet, um zu erfahren, wie sie sind."

Seitenanfang   Bio/Bibliographie   Memoiren einer Elfjährigen   In der Oase


P. Kirchheim Verlag  Gesamtprogramm  Belletristik  Poesie  Sachbuch  Gesundheit