Giono, Jean

Ennemonde

Roman. Aus dem Französischen 
von Michael von Killisch-Horn.
152 Seiten,  Broschur
€ 5  SFr 9,80  *Ö-€ 5,20
(ISBN) 3-87410-032-4

Pressestimmen:

„Da sich in der Gedankenwelt dieses Romans die Frage nach Gut und Böse nicht stellt, kann man, bei aller Fremdartigkeit, der Darstellung Gionos eine starke Kraft der Versinnlichung nicht absprechen."
FAZ

„…glänzende Übersetzung durch Michael von Killisch-Horn…"
Nürnberger Zeitung

Biographie:

Jean Giono (1895-1970 Manosque, Provence) war mit Unterbrechungen durch den Weltkrieg 1914-1918 Bankangestellter bis 1930, als er - nach dem Erfolg seines ersten Romans Colline (Der Hügel) – begann, sich ausschließlich der Literatur zu widmen. Sein Werk umfaßt über 20 Romane und Erzählbände, von denen die frühen fast alle ins Deutsche übersetzt wurden und heute teilweise neu übersetzt werden: Der Husar auf dem Dach; Das Lied der Welt; Die Polnische Mühle u.a.

Nach seinen historischen und naturmythischen Romanen fand Mitte der fünfziger Jahre mit der Reportage über den Mordfall Dominici eine Veränderung in Gionos Schreiben statt. Sie findet ihren Ausdruck auch in Ennemonde(1968), einem seiner letzten Werke, die sich stärker mit der zeitgenössischen Gesellschaft und Schicksalen ihrer Außenseiter befassen. All diesen letzten Werken haftet etwas von einer Abrechnung mit der Zivilisation und vor allem mit der Politik an, die Giono nach Ende des 2.Weltkriegs erfahren hat: zerstörerisch die erste, falsch und korrupt die letztere.

Leseprobe:

„Dasjenige Werkzeug, das die Menschen hier am häufigsten in der Hand haben, ist das Gewehr, sei es wegen der Jagd, sei es aus, sagen wir, philosophischen Erwägungen; im einen wie im andern Fall gibt es keine Lösung, ohne daß ein Schuß fiele. Das Gewehr hängt an einem Glasfuß, der in die Wand eingemauert ist nahe dem Stuhl des Hausherrn. Ganz gleich, ob dieser bei Tisch sitzt oder in der Nähe des Feuers, immer befindet sich das Gewehr in seiner Reichweite. Nicht, daß das Land, etwa aus Mangel an Gendarmen, nicht sicher wäre, im Gegenteil, selbst in der Blütezeit des Banditentums hat es niemals ein Verbrechen hier oben gegeben; außer im Jahre 1928, aber dabei handelte es sich um genau das, was man fürchtet, und man fürchtet die Einsamkeit. Die Familien bieten dagegen keinen Schutz: sie sind bestenfalls Zusammenschlüsse von Einzelgängern, die in Wirklichkeit alle ihre eigenen Wege gehen. Die Familien versammeln sich nicht um eine Person herum, sie zerstreuen sich von einer Person in alle Winde. Und dann ist da noch die Metaphysik, nicht jene der Sorbonne natürlich, nein, jene, mit der man zwangsläufig zu tun bekommt, wenn man der unausweichlichen Einsamkeit und der Welt die Stirn bieten will. Herr Sartre ist da kaum von großem Nutzen, ein Gewehr hingegen erweist sich immer wieder als äußerst nützlich."

„Sind die Geheimnisse besonders listig, so verbergen sie sich im Licht; der Schatten ist nichts als Bauernfängerei. Die Camargue ist ein Delta, Schuttabladeplatz eines Flusses, eine Schlafkammer. Bis dahin war er ein schnell fließender Strom, für Metaphysik blieb ihm keine Zeit, er lebte. In diesem Delta sieht er sein Ende nahen, er wird im Meer verschwinden, also wird er träge, bummelt, teilt sich, rollt sich in sich selbst zusammen; er käut wieder, er zögert, er zieht Bilanz; was er bis hierher mitgebracht hat, er sieht es durch, er mischt es, er zersetzt es, zu seinem Ruhm. Was er an seinen Ufern fortgerissen hat, verwandelt er in Schlick, in Humus und in Sand. Was er getötet hat, versucht er wiederzubeleben, was in ihm gestorben ist, erweckt er zum Leben. Das Korn, das er, rasend in seinem Ungestüm, mit sich gerissen hat, er umhegt es, er brütet es aus, er läßt es aufbrechen."

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