Kurt-Wolff-Stiftung zur Förderung einer vielfältigen Verlags- und Literaturszene

Die Kurt-Wolff-Stiftung, wurde im  November 2000 vom damaligen Kulturstaatsminister Dr. Michael Naumann und unabhängigen Verlegern gegründet. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels unterstützt diese Einrichtung. Auch der Freistaat Sachsen hat seine Unterstützung zugesagt. Die Stiftung führt den Namen Kurt Wolff - in Erinnerung an den bedeutenden Verleger des deutschen Expressionismus, der von 1887 bis 1963 gelebt hat.

Der Stiftungszweck wird insbesondere u.a. verwirklicht durch:

- Regelmäßige Verleihung des Kurt-Wolff-Preises für das Lebenswerk, für das Gesamtschaffen, für ein vorbildhaftes Verlagsprogramm oder die Vergabe von Auszeichnungen für vorbildhafte Einzelprojekte von deutschen oder in Deutschland ansässigen unabhängigen Verlegern, die für die Vielfalt in der Literatur einen besonderen Beitrag geleistet haben;

- Zusammenarbeit mit anderen kulturellen und gesellschaftlichen Organisationen und Einrichtungen im In-und Ausland, vor allem aus dem Verlagswesen, Buchhandel, Bibliothekswesen sowie Schriftsteller-, Künstler und Journalistenbereich;

- Herstellung internationaler Kontakte; Erarbeitung von Analysen, Konzepten, Empfehlungen und politischen Forderungen im Verlagsbereich.

Urkunde der Kurt-Wolff-Stiftung

Giuseppe Ungaretti: "Ein Menschenleben"

Die Stiftung wurde im Dezember 2000 als gemeinnützig anerkannt und eingetragen. Sie hat ihre Arbeit Ende Januar 2001 begonnen. Der Kurt-Wolff-Preis 2001 in Höhe von DM 50.000,-- wurde an den Merve Verlag, Berlin vergeben; die Literaturzeitschrift "Schreibheft" aus Essen erhielt eine Projektförderung in Höhe von DM 10.000,--.

Die Organe der Stiftung sind der Vorstand und der Beirat.

Zum Vorstand wurden berufen:
Brigitte Ebersbach, Manfred Metzner (Vorsitzender), 
Dr. Klaus Wagenbach

Das Kuratorium bilden:
Klaus Bittner, Hans Ernst Hanten, Joachim Kersten, 
Dr. Jochen Meyer, Dr. Michael Naumann, Katharina Wagenbach-Wolff (Vorsitzende), Thedel von Wallmoden.

Kontaktadresse: 
Kurt-Wolff-Stiftung, c/o Verlag Das Wunderhorn, 
Bergstr.21, 69120 Heidelberg, 
Telefon 06221 - 40 24 28, Fax 06221- 40 24 83

Auszug aus der Laudatio von Joachim Kalka:

Mit dem Projektförderpreis wird der Peter Kirchheim Verlag in München geehrt. Er erhält ihn für seine herrliche Ungaretti-Ausgabe. Diese auf sechs Bände angelegte und bis zum vierten Band vorgedrungene Edition mit der schönen Zweisprachigkeit ihrer Gedichtbände ist ein Denkmal für einen der großen Lyriker der Moderne. Wenn man sieht, daß aus dem noch schmalen Verlagsprogramm eine Studie zur Poetik Ungarettis und eine zweibändige Ausgabe, ebenfalls in italienischer und deutscher Sprache, von Eugenio Montales Nachlaßgedichten der Ungaretti-Edition an die Seite gestellt werden können, erkennt man ein zielbewußtes Engagement. Es ist jenes Engagement, das man bei großen Verlagen oft vermißt. Den großen Verlagen ihre Unterlassungssünden vorzurechnen, ist gewiß keine schwierige Übung; es geht hier ja auch nicht um eine Kritik an den Großen - oder jedenfalls nur insoweit, als die bloße Existenz mancher kleiner Verlage mit ihren Programmen implizit bereits eine scharfe Kritik des Programms vieler großer Verlage darstellt. Ich brauche Ihnen kaum im einzelnen vorzubuchstabieren, was die Leser alles diesen kleinen Verlagen verdanken - die Leser überall, aber vielleicht besonders im deutschen Sprachraum. Gerade was das Feld der Literatur aus anderen Sprachen betrifft, darf man sagen: Die kleinen Verlage sind es, die immer wieder die großen beschämen - sei es, weil manche großen Verlage (es gibt, wie wir dankbar anerkennen, ein, zwei - ja, vielleicht drei noble Ausnahmen) nicht oder nicht mehr den Mut, die Phantasie, das Engagement besitzen, sich um die Bücher zu kümmern, die wichtig sind, anstatt um die, welche anderswo gerade Bestseller waren; oder sei es deshalb, weil bei der Produktionsweise großer Verlage oft sehr schätzenswerte Projekte, hinter denen ein großes Engagement von Herausgebern, Übersetzern und so weiter steht, auf dem Markt spurlos versinken können, weil sich im Verlag schon beim Erscheinen niemand mehr wirklich innerlich und inhaltlich zuständig fühlt und weil der größte Enthusiasmus in einer Betriebsbürokratie, die sich die Hände rigoros betriebswirtschaftlich gebunden hat, ohnmächtig implodiert.

Wolff schrieb: "Ein Unternehmen, das jährlich 100 bis 400 neue Bücher herausgibt ... mag sehr respektabel sein, kann auch gute Bücher unter den vielen haben - der Ausdruck einer individuellen Verlegerpersönlichkeit kann es natürlich nicht sein." Der Begriff der "Persönlichkeit" mag etwas pathetisch-dubios erscheinen; soll er für uns nur einfach bedeuten: das anhaltende, das hartnäckige Engagement einzelner Personen in Verlagen für eine bestimmte geliebte Literatur, für bestimmte bewunderte Bücher. Fehlt dieses Element, tritt der Niedergang des Verlagswesens ein. "Die allgemeine Vorstellung des Laien, wie der Verleger seinen Beruf ausübt, ist erstaunlich primitiv", hat Wolff einmal konstatiert; und auf eine andere Weise, als er es meinte, hätte jener Laie dann tatsächlich vollkommen recht. Wolff hat auch versucht, für das zwanzigste Jahrhundert den Nachweis zu führen, "daß die Bücher der großen Autoren nicht bei den Monster-Unternehmungen erschienen sind", nicht bei den ganz großen Verlagen. Das stimmt und stimmt nicht; wir wollen es jetzt nicht im Hin und Her aufrechnen. Doch ist es offensichtlich, daß es eine entscheidende Fülle von Büchern gibt, ohne die der Leser nicht sein will und die er nur durch die guten Dienste der oft unbesungenen Kleinverlage in die Hand bekommt - als Frucht von deren Enthusiasmus.
Der MaroVerlag und der Verlag Peter Kirchheim werden hier ausgezeichnet als Beispiele und Vorbilder eines solchen preiswürdigen verlegerischen Enthusiasmus. Hierzu hat Kurt Wolff noch lakonisch bemerkt: “Natürlich muß der Enthusiasmus noch mit Geschmack verbunden sein". Es ist mir, um an den Beginn zurückzukehren, ein großes Vergnügen, Benno Käsmayr - der in aller Bescheidenheit gerade diesem Satz, dieser Verbindung von Enthusiasmus und Geschmack, so souverän genügt - zum diesjährigen Kurt-Wolff-Preis gratulieren, und Peter Kirchheim ein Ungarettisches "Vi arriva il poeta" zu zitieren: Dort - in diesem Hafen - landet der Dichter.

Joachim Kalka

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