Ungaretti, Giuseppe

Band 2: Zeitgefühl
Gedichte 1919-46. Sentimento del Tempo – Zeitgefühl
Il Dolore – Der Schmerz

Zweisprachig.  Hg. und aus dem Italienischen von 
Angelika Baader und Michael von Killisch-Horn.
Mit einem Nachwort von Michael von Killisch-Horn.
336 Seiten, Ln., mit einem 48-seitigen Beiheft.
€ 50  SFr 86,30  *Ö-€ 51,50
(ISBN) 3-87410-048-0

Dieser 2. Band der Werke Giuseppe Ungarettis enthält sämtliche Gedichte der mittleren Lebensperiode 1919-1946. Nach der Erneuerung der lyrischen Sprache in den frühen Gedichten der Allegria – Die Freude beeinflussen die Zyklen Sentimento del Tempo – Zeitgefühl und Il Dolore – Der Schmerz nachhaltig eine neue Generation von Lyrikern. Der Ungaretti vorgeworfene „Hermetismus" wird später zum (positiven) Kennzeichen des Neuen. 1933 erscheint Zeitgefühl und beendet die erste römische Periode des Dichters, der für die Jahre 1936-1942 in Brasilien eine Professur annimmt. Als 1939 dort sein neunjähriger Sohn Antonietto stirbt, entsteht der Zyklus Der Schmerz.

Der vorliegende Band bietet die erste vollständige Übersetzung sämtlicher Gedichte dieser beiden Zyklen. Darüber hinaus wird zum ersten Mal die für seine Dichtung entscheidend wichtige Zweisprachigkeit Ungarettis dokumentiert, der seine Gedichte teilweise zuerst auf französisch schrieb und viele zuerst in Frankreich veröffentlichte. Durch die abgedruckten und ebenfalls übersetzten Varianten und die Anmerkungen wird dem Leser der Zugang zu einem der bedeutendsten Werke der Dichtung des 20.Jahrhunderts erleichtert.

Pressestimmen zu Band 2:

"Schon beim Erscheinen des Eröffnungsbandes Zeitgefühl war zu konstatieren, daß diese Neuübersetzung durch Michael von Killisch-Horn eine Überraschung darstellt, die den Vergleich mit den Vorgängern nicht zu scheuen braucht…nichts von diesem Urteil nach dem ersten Bande ist nun zurückzunehmen; es wird immer deutlicher, welchen Glücksfall diese deutsche Gesamtausgabe darstellt…Das Erstaunliche an Killisch-Horns Arbeit ist gerade, daß er überaus nah am italienischen Urtext zu bleiben vermag, ohne deshalb nur eine einfache philologische Erklärungshilfe zu liefern."
Frankfurter Rundschau

Biographie:

Giuseppe Ungaretti wurde 1888 in Alexandria/Ägypten geboren. Im Alter von 24 kommt er nach Paris und beginnt zu schreiben. Am I. Weltkrieg nimmt er als italienischer Soldat teil. An der Front entstehen die zentralen Gedichte des später L´Allegria – Die Freude genannten Bandes (1919). Ungaretti wird Korrespondent von Mussolinis Zeitung Popolo d´Italia in Paris. 1920 Umzug nach Rom, Angestellter der Pressestelle des Außenministeriums. Ab 1930 Reisen für die Gazzetta del Popolo, wo er literarische und Reise-Berichte veröffentlicht, die später den Band Il Deserto e dopo – Die Wüste und weiter ergeben. 1933 erscheint Zeitgefühl. 1936-42 Professur an der Universität São Paulo. Zurück in Rom wird ihm ein Lehrstuhl eingerichtet. 1947 erscheint Der Schmerz, 1950 Das Verheißene Land, 1960 Das Merkheft des Alten, 1961 Die Wüste und weiter. Giuseppe Ungaretti stirbt 1970 in Mailand.

Leseprobe:

ECO ECHO STELLE STERNE
Scalza varcando da sabbie lunari, Barfuß hindurch aus Mondwüsten Tornano in alto ad ardere le favole Wieder brennen in der Höhe die Märchen
Aurora, amore festoso, d´un eco Aurora, heitere Liebe, bevölkerst du Cadranno colle foglie al primo vento Werden fallen mit den Blättern im ersten Wind.
Popoli l´esule universo e lasci Mit einem Echo das verbannte Universum und läßt Ma venga un altro soffio, Doch ein anderer Hauch,
Nella carne dei giorni,  Im Fleisch der Tage, Ritornerà scintillamento nuovo Und neues Funkeln kehrt zurück.
Perenne scia, una piaga velata. Immerwährende Spur, eine verhüllte Wunde.

 

SOGNO TRAUM SENTIMENTO DEL TEMPO ZEITGEFÜHL
Rotto l´indugio sotto l´onda Ohne Zögern jetzt unter der Woge E per la luce giusta, Und im rechten Licht,
Torna a rapirsi aurora. Kehrt sich zu überwältigen die Morgenröte zurück. Cadendo solo un´ombra viola Während nur ein violetter Schatten fällt
Con un volare argenteo  In silbrigem Fliegen Sopra il giogo meno alto, Auf das weniger hohe Joch,
Ad ogni fumo insinua guance in fiamma. Entflammt sie jedem Dunst die Wangen. La lontananza aperta alla misura, Die Ferne offen auf das Maß,
Ai pagliai toccano clamori. Die Strohschober berühren Schreie. Ogni mio palpito, come usa il cuora, Jeder meiner Herzschläge, wie es das Herz gewohnt,
Ma intorno al lago già l´ontano Doch schon zeigt rings um den See Ma ora l´ascolto, Doch jetzt hör ich ihm zu,
Mostra la scorza, è giorno. Die Erle die Rinde, Tag ist´s. T´affretta, tempo, a pormi sulle labbra Beeil sich, Zeit, auf die Lippen mir zu legen
Da sonno a veglia fu Von Schlaf zu Wachen war Le tue labbra ultime. Deine letzten Lippen.
Il sogno in un baleno. Der Traum in einem Nu.

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