Das Denken des Abendlandes an der Schwelle zum
3.Jahrtausend befindet sich in einer vieldeutigen Situation. Nie war die
Bezeichnung Abendland für den europäischen Westen zutreffender: Wir sind am
Abend einer sterbenden Zivilisation angelangt.
Das Festland – nicht nur im geologischen und
anthropologischen, sondern auch im ethischen und ästhetischen Sinn -, auf dem
wir noch um die Jahrhundertmitte vermeintlich sicher standen und uns
fortbewegten, löst sich langsam auf und versinkt in Sümpfen, in denen nicht
mehr Eurythmie, Harmonie und Symmetrie herrschen, sondern wo schon die ersten
Inseln eines sich neu bildenden Archipels aus dem Schaum der verschmutzten und
algenüberwuchernden Gewässer auftauchen.
Das übermäßige Wachstum betrifft nicht nur
die Algen, sondern auch die Ideen, die mit verfaulender Materie überdüngt
sind. Was kündigt sich an dieser Epochenschwelle an?