Waco, Laura

Von Zuhause wird nichts erzählt
Eine jüdische Geschichte aus Deutschland

283 Seiten, Geb.
€ 19,90  SFr 36  *Ö-€ 20,50
(ISBN) 3-87410-073-1

Laura Waco:

"Das Buch war schon lange in mir drin. Ich wußte nur nicht wie ich das Thema anpacken sollte. Als ich durch meine eigenen Kinder einen so deutlichen Einblick in die Seele und das Wesen junger Menschen bekam, und als mir die Unschuld eines Kindes so sehr bewußt wurde, beschloß ich, mein Buch in der Stimme des Kindes zu schreiben. Dazu mußte ich mich in die Zeit und jede Stufe meiner eigenen Kindheit hineinversetzen und sozusagen darin leben. Schrieb es von November 1991 bis Mai 1993 mit einem „Kloß im Hals" und mit vielen Unterbrechungen…"

In der Kleinstadt Freising geboren, erste Tochter in einer jüdischen Familie, zieht Laura mit sechs Jahren nach München um. In der Borstei, der Wohnsiedlung des Konsuls Borst, die unter dem Motto eines friedlichen Zusammenlebens der Bewohner steht, mit ihren eigenen Idealen und Regeln, findet die Familie Stöger eine Wohnung.

Vom Freisinger Landleben ins Stadtleben von München, vom Kindergarten in die Volksschule, umgeben von vielen Menschen und vor allem Kindern, von lieben und bösen, wächst sie mit ihrer Schwester in den fünfziger Jahren auf.

Wenn die Stöger-Kinder reden, lachen alle über ihre kuriose Sprachmischung. Sie haben das Gespür für das Lustige im Leben. Mit Begierde saugen sie alles auf, was Spaß macht und Lebenslust verspricht. Für die aufgeweckten Kinder ist alles neu. Und so erzählt die Autorin auch: das ganze Panorama der 50er und 60er Jahre: vom Jopa-Eis bis zum Pulloverladen.

Und doch gibt es noch ein anderes Moment. Die Eltern wälzen Auswanderungspläne für sich und Heiratspläne für Laura mit jüdischen Söhnen. Der heißgeliebte Lehrer singt immer noch gern die "schönen" Nazilieder. Als sie beim Baden in der Isar von einem deutschen Jungen gerettet wird, bricht für den Vater ein verankertes System zusammen: so eine Schande, von einem Deutschen. Und die Mutter schimpft, man müsse sie alle verbrennen. Aber die Kinder wollen gar nicht anders sein als alle ihre Freunde.

Pressestimmen:

Waschmaschinen verboten Süddeutsche Zeitung vom 12.9.2001

"Es ist die Lust zum Fabulieren, die den Zauber diese Buches … ausmacht."
Main-Echo

"Die deutschsprachige Literatur der letzten Jahre ist arm an wirklichen Sensationen – hier ist eine!"
Neues Deutschland

"Waco tapst nicht in die Falle. Sie liefert vielmehr einen gnadenlos ehrlichen Bericht über das selbstzerstörerische Leben einer gewöhnlichen jüdischen Familie im Nach-Auschwitz-Deutschland…Laura Waco hat die bislang ergreifendste deutsch-jüdische Gegenwartsgeschichte geschrieben…"
Rafael Seligmann im Spiegel

"…wie das Erinnerungsprotokoll eines entsetzlichen, in Komik aufgelösten Alptraums… ganz wundersam erzählt, in einer merkwürdigen Distanz und in einer Sprache, die wie stehengeblieben erscheint."
Elisabeth Bauschmid in der Süddeutschen Zeitung

"Die literarische Autobiografie ist nicht allein gedanklich auf der Höhe der Diskussion, sondern darüber hinaus in der künstlerischen Umsetzung außergewöhnlich gelungen."
Eselsohr

"Von Zuhause wird nichts erzählt ist eine ehrliche, niemals aufdringliche Autobiographie, die literarische Mittel perfekt einsetzt. Der Inhalt regt zum Nachdenken an, das Lesen selbst ist ein Genuß"
Wochenblatt

„Das Buch verdient es, gelesen zu werden, als das, was es ist: eine beeindruckende, freundlich verpackte Horrorgeschichte. Über die zerstörerischen Folgen des Holocaust."
Die Mahnung

"Nach Autobiographien von Holocaust-Opfern wie Ruth Klüger ist Laura Wacos Erinnerungsbuch jetzt ein wichtiger Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung der Nachkriegsgeneration"
Augsburger Allgemeine

Leseprobe:

"…Nein, sagt der Papa, er wird es nicht erlauben, daß seine Tochter und der Herr Robbins heiraten. Daß ich zu jung bin, meint der Papa, daß der Herr Robbins zu alt ist, daß Südafrika zu weit weg ist und unsere Bekanntschaft zu kurz…

…und die ganze Zeit geht es doch nur darum, daß der Dennis nicht jüdisch ist…

 Der Papa wollte, daß ich Leie heißen soll, weil die gottselige Mutter von dem Papa so hieß, aber so einen Namen gibt es in Deutschland nicht. Da hat man das Nächstbeste, nämlich Laura, auf meine Geburtsurkunde geschrieben, aber der Papa, wenn er mich ganz besonders lieb hat, nennt mich Leierle.

Der Papa hieß einmal Majer Steger. Daraus entstand Max Stöger, ein guter deutscher Name, aber die Mutti ruft ihn Majer. Meine Mutti ist eine geborene Mandelbaum und ihr Vorname, Hela, paßt nach Deutschland rein, und so ruft sie der Papa auch, aber meistens nennt er sie „Ojzerl", das bedeutet Schatzi. Ich bin die Erste, die in unserer Familie geboren wird.

In der kleine Stadt Freising, wo Trümmerhaufen an den Zweiten Weltkrieg erinnern, komme ich am letzten Sonntag im April 1947 in einem Städtischen Krankenhaus zur Welt. Noch am Tag vorher geht meine Mutti mit dem Papa auf einen Boxkampf, und am folgenden Morgen, am 27.April, als meine Mutti das Fenster öffnet, fliegt ein grauer Spatz ins Zimmer und schwirrt herum bis er wieder hinaus findet ins Freie. Da sagt der abergläubische Papa zur Mutti: „Heute kommt das Kind!"

Biographie:

Laura Waco wurde 1947 als Tochter Überlebender von Dachau und Bergen-Belsen in Freising bei München geboren, ging erst dort und später in München zur Schule. Als 18-jährige wanderte sie 1965 nach Kanada aus. Ein Jahr darauf lernte sie in Los Angeles ihren späteren Mann kennen, den sie 1968 heiratete. 1970 und 1973 wurden ihre beiden Töchter geboren. 1980 besuchte sie Deutschland zum ersten Mal nach ihrer Auswanderung. Ihre ersten beiden Bücher hat sie auf deutsch verfasst.

Laura Waco Über sich selbst sagt sie:

Ich war ein deutscher Import in Amerika. Man nannte mich "the Continental". Fremd war ich in der neuen amerikanischen Familie meines Mannes. 1971 schwor ich Treue zu Amerika und wurde ein (deutscher) U.S. Bürger, immer deutsch. Mit Coupons und Kreditkarten war ich eine gehorsame amerikanische Ehefrau. Stets zog ich Vergleiche zwischen Amerika und Deutschland. Immer war ich unglücklich als Deutsche in Amerika. Zusammen mit meinen Kindern wurde ich erwachsen und konnte die Erinnerung an meine eigene Kindheit nicht mehr verdrängen.

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